07.02.2015 / DBB NRW

"Der öffentliche Dienst muss wettbewerbsfähig bleiben"

Das DBB NRW Magazin hat den Vorsitzenden der DBB NRW Tarifkommission und stellvertretenden Vorsitzender der DBB Bundestarifkommission Andreas Hemsing (komba gewerkschaft) zur bevorstehenden Einkommensrunde interviewt.

Beamtenbund und Tarifunion haben zuletzt ihre Forderung für die Einkommensrunde im öffentlichen Dienst der Länder formuliert: 5,5 Prozent Einkommensplus, mindestens aber 175 Euro mehr. Wie sind Sie auf die Forderung in dieser Höhe gekommen?

Andreas Hemsing: Mit der Erhöhung der Tabellenentgelte im Tarifbereich der Länder um mindestens 175 Euro fordern wir eine größere Wertschätzung für unsere Kolleginnen und Kollegen der unteren und mittleren Einkommensgruppen. Zudem muss es eine Angleichung der Tabellenentgelte an den TVöD von Bund und Kommunen geben. Die Höhe der Forderung orientiert sich dabei an Tarifverträgen vergleichbarer Berufsgruppen. Nur so kann sichergestellt werden, dass vergleichbare Tätigkeiten vergleichbar entlohnt werden.
Nicht nur die Tabellenentgelte sollen erhöht, sondern die Attraktivität des öffentlichen Dienstes soll insgesamt gesteigert werden. Der Kampf zwischen öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft um die besten Nachwuchskräfte ist schon in vollem Gange. Häufig hat der öffentliche Dienst dabei das Nachsehen. Wir müssen dringend in die Zukunft investieren und da sind 5,5 Prozent mehr nicht zu viel gefordert. Nur so können wir, kann der öffentliche Dienst wettbewerbsfähig bleiben.

Der Vorsitzende der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) Jens Bullerjahn (SPD) hält die Forderung für "völlig realitätsfern". Was entgegen Sie dem Herrn hierauf am 16. Februar 2015 in der ersten Verhandlungsrunde?

Andreas Hemsing: Die Beschäftigten im öffentlichen Dienst leisten gute Arbeit und gute Arbeit muss angemessen vergütet werden. Nur so erfährt sie die Wertschätzung, die sie verdient. Wir dürfen den öffentlichen Dienst nicht kaputtsparen. Die Leistungen der Angestellten und Beamten sind wichtige Säulen der deutschen Infrastruktur. Das sollte auch Herrn Bullerjahn klar sein.

Die ersten Reaktionen aus der TdL lassen den Schluss zu, dass es keine einfachen Tarifverhandlungen werden. Halten Sie Protestaktionen oder gar Warnstreiks des DBB und seiner Mitgliedsgewerkschaften für möglich?

Andreas Hemsing: Unser klares Ziel ist eine Einigung. Dafür treten wir an. Aber wenn nötig, dann werden wir alle gemeinsam für unsere Forderungen einstehen und das heißt, auch Streikmaßnahmen sind möglich.
Auch die Beamtinnen und Beamten müssen und werden sich angemessen an den möglichen Aktivitäten der TV-L Tarifrunden beteiligen, denn ihre Besoldungsanpassung sollte sich schließlich am Tarifabschluss der Länder orientieren. Daher sind die Verhandlungen in der ersten Jahreshälfte gerade für sie wegweisend. In Nordrhein-Westfalen verspricht die Einkommensrunde wieder besonders spannend zu werden. Nach dem Wortbruch der Regierung Kraft im vergangenen Jahr, ist es umso wichtiger, dass alle, auch die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen, beherzt für die 1:1 Übertragung einstehen.


Eine weitere wichtige Forderung des DBB innerhalb dieser Einkommensrunde ist die Schaffung einer Entgeltordnung für Lehrkräfte. Was steckt dahinter, wie sehen Sie die Chancen für eine Einigung in der Sache?

Andreas Hemsing: Bisher sind die angestellten Lehrkräfte ja ohne Entgeltordnung. Dieser tariflose Zustand der Lehrkräfte muss dringend beendet werden. Die Gruppe der Lehrer ist im Öffentlichen Dienst die einzig nicht tarifierte. Das ist besonders im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung ein klares Defizit und den Betroffenen gegenüber mehr als ungerecht. Diese willkürliche Bezahlung ist nun endlich durch Tarifvertrag zu regeln. Wir sehen dringenden Handlungsbedarf, diesen Missstand zu beheben. Nur durch die Entgeltordnung können wir flächendeckend eine faire Eingruppierung und Entlohnung garantieren.


Auch für die Jugend wurden Forderungen formuliert: Erhöhung der Entgelte für alle Auszubildenden um 100 Euro monatlich und eine dauerhafte Übernahme aller Auszubildenden im Länderbereich. Wird von den Arbeitgebern zu wenig für den Nachwuchs im öffentlichen Dienst getan?

Andreas Hemsing: Ein ganz klares "Ja". Jeder dritte Beschäftigte im öffentlichen Dienst ist mittlerweile zwischen 50 und 60 Jahren. 100 Euro monatlich mehr in der Tasche und dazu noch die geforderte dauerhafte Übernahme aller Auszubildenden in den Ländern, sind ein guter Anreiz und zugleich eine Perspektive für die jungen Leute, sich für einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst zu entscheiden. Wir müssen handeln, damit der öffentliche Dienst dem demografischen Wandel nicht hilflos gegenüber steht.


Abschließend ein Wort zum geplanten Tarifeinheitsgesetz der Bundesregierung. Warum lehnt der DBB jede gesetzliche Regelung von Tarifeinheit grundsätzlich ab?

Andreas Hemsing: Das geplante Gesetzt zur Tarifeinheit beschneidet eindeutig die Freiheitsrechte und hat mit dem Grundrecht auf freie Wahrung und Förderung eigener Arbeitsbedingungen nichts mehr zu tun. Die Rechte auf Organisations-, Koalitions- und Wahlfreiheit der Arbeitnehmer/innen sind nicht ausreichend berücksichtigt.
Nach dem Gesetzentwurf wird künftig einzig die mitgliederstärkste Gewerkschaft im Betrieb bindende Tarifverträge abschließen, alle anderen müssen sich diesem Beschluss unterwerfen. In letzter Konsequenz führt so eine Regelung zur Einheitsgewerkschaft. Das wären Zustände wie zu Zeiten der DDR, in der Selbstbestimmung ein Fremdwort war. Dieses darf es doch in unserem Land nicht geben!
Die Bundesregierung würde mit dieser gesetzlichen Regelung zur Tarifeinheit einen politischen Irrflug begehen und ein weiteres verfassungswidriges Gesetz hervorbringen.
Von Problemen bei einer praktischen Umsetzung, einer Zerrüttung von Betriebsfrieden mal abgesehen, schafft das Gesetz mehr zusätzlichen Konflikte anstatt Verein-fachungen in der Tariflandschaft.
Es gilt, Farbe zu bekennen und ein klares Zeichen gegen das Tarifdiktat zu setzen.

    

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